023 – Non habemus Papissam
Gab es eine Päpstin als Nachfolgerin des Apostelfürsten Petrus im Vatikan? Hat eine Geschichtsfälschung Päpstin Johanna aus den Annalen des 9. Jahrhunderts verschwinden lassen?
Der populäre Roman der amerikanischen Autorin Donna Woolfolk Cross erschien 1996 und dürfte in manchen Regalen zusammen mit Romanen über starke Hexen zu finden sein. In Deutschland wurde die Geschichte spätestens durch die Verfilmung bekannt. Dabei wird die Geschichte der Päpstin Johanna als feministische Geschichte gelesen. Die eigentliche Geschichte ist weder wahr, noch ein feministisches Vorbild.
Für die populären Vorstellungen einer Päpstin Johanna ist hauptsächlich der Dominikaner Martin von Troppau verantwortlich. Dieser Verfasste eine einflussreiche Chronik von Päpsten und Kaisern und löste mit einem Halbsatz die langlebige Verschwörungstheorie aus. Ausgeschmückt wurde das Ganze dann in der Schedelschen Weltchronik im 15. Jahrhundert. Demnach gebar Johanna auf dem Pilgerweg nach San Giovanni in Laterano bei der Kirche San Clemente ein Kind und flog dadurch auf. Eine nicht mehr existierende Inschrift soll früher an der Kirche auf das Ereignis verwiesen haben. Tatsächlich hatte sie wohl mehr mit der weit in die Antike zurückreichenden Geschichte des Gotteshauses und dem dort einst praktizierten Mithraskult zu tun.
Die Geschichte gefiel vor allem jenen, die noch eine Rechnung mit dem Papsttum offen hatten. Fromme Kirchenmänner konnten damit auf die Verderbtheit der Frau im Allgemeinen und einer Zeit machtvoller Frauen im Besonderen verweisen. So ist das wahrscheinlich nicht der als „weibisch“ beschriebene Papst Johannes VIII. das Vorbild für Johanna, sondern die machtvolle römische Senatrix Marozia. Sie galt als „die Böse Mutter aller Unzucht“ und ihre Zeit der Herrschaft römischer Adelsfamilien als „Pornokratie“.
Die Legende um Päpstin Johanna hat also wenig mit feministischer Emanzipation zu tun, sondern vielmehr mit Phantasien von Sex, Macht und Herrschaft.
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